ISS - International Space Station

Die Internationale Raumstation (engl. International Space Station, kurz ISS) ist eine bemannte Raumstation, die in internationaler Kooperation betrieben und ausgebaut wird.

Die Pläne für eine große, internationale Raumstation gehen bis in die 1980er Jahre zurück. Die Station war damals noch unter den Namen Freedom oder Alpha in Planung. Die ISS befindet sich seit 1998 im Bau und ist zurzeit das größte künstliche Objekt im Erdorbit. Sie kreist in ca. 350 km Höhe mit einer Bahnneigung von 51,6° ca. alle 91 min. um die Erde und soll nach ihrer geplanten Fertigstellung im Jahre 2011 maximale Abmessungen von etwa 110 m × 100 m × 30 m erreichen. Danach soll sie mindestens bis ins Jahr 2020 weiterbetrieben werden.


BETEILIGTE LÄNDER

Am Projekt sind neben der US-amerikanischen NASA und der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos auch Staaten der europäischen Weltraumagentur ESA beteiligt. Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und Spanien haben den Vertrag über den Bau der Station im Jahre 1998 unterschrieben. Ebenso beteiligt sind die kanadische und die japanische Raumfahrtbehörde. Brasilien hat mit den USA ein separates Abkommen über die Nutzung der ISS.


VORGESCHICHTE

Die geplante US-Raumstation Freedom
Erste Ideen für eine dauerhaft bewohnte Station im Weltall kamen bei der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA schon sehr früh auf. Zu Beginn der 1960er Jahre, also noch lange vor der ersten Mondlandung, dachte man an eine Raumstation, die von etwa zehn bis zwanzig Personen bewohnt sein sollte. Nach Abschluss des Apollo-Programms wandte man sich konkreter dem Bau von Raumstationen zu, um den Anschluss an die Sowjetunion nicht zu verlieren, die 1971 mit Saljut 1 ihre erste Raumstation gestartet hatte. So wurde im Jahre 1973 die US-amerikanische Station Skylab gestartet, die insgesamt 171 Tage bewohnt war. Danach wandten sich die US-Amerikaner jedoch der Entwicklung des Space Shuttles zu, während die Sowjetunion sechs weitere Saljut-Stationen und vor allem die modulare Raumstation Mir in die Umlaufbahn brachte und enorme Erfahrung mit Langzeitflügen sammeln konnte.

Das Shuttle-Mir-Programm als
Vorläuferprojekt der ISS
Nach dem Erstflug des Space Shuttles im Jahre 1981 rückte das Konzept einer Raumstation wieder in den Blickpunkt, weil diese nach Ansicht der NASA-Strategen der nächste logische Schritt in der Raumfahrt sei. Im Mai 1982 wurde im NASA-Hauptquartier die Space Station Task Force geschaffen. Im Januar 1984 kündigte der damalige US-Präsident Ronald Reagan in Anlehnung an den Aufruf Kennedys zur Mondlandung an, es sei das nationale Ziel, eine ständig bemannte Raumstation innerhalb eines Jahrzehnts zu bauen. Die Kosten für eine solche Station wurden damals auf acht Milliarden US-Dollar geschätzt. Ein Jahr später wurde entschieden, die Station zusammen mit internationalen Partnern zu bauen. Daraufhin schlossen sich die ESA sowie Kanada und Japan dem Projekt an. Im Jahre 1988 wurde die geplante Station von Reagan auf den Namen Freedom (Freiheit) getauft.
Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde eine engere Zusammenarbeit der NASA mit Russland möglich. Das ursprüngliche Freedom-Projekt wurde gekürzt, weil die Kosten der geplanten Raumstation explodierten, und in Space Station Alpha umbenannt. 1993 unterzeichneten Russland und die USA ein Abkommen über zehn Shuttle-Flüge zur russischen Raumstation Mir sowie über Langzeitaufenthalte einiger US-Astronauten auf der Mir, später bekannt als das Shuttle-Mir-Programm. Die NASA zahlte dafür 400 Millionen US-Dollar. Dies markierte die erste Zusammenarbeit der beiden Raumfahrtmächte seit dem Apollo-Sojus-Projekt im Jahre 1975.

Unter US-Präsident Bill Clinton wurde dann das Projekt einer großen Raumstation im November 1993 zusammen mit Russland neu aufgelegt – Russland steuerte die Pläne der geplanten Mir-2-Station bei. Auf US-amerikanischer Seite wurde der Name Alpha vorgeschlagen, der jedoch von Russland abgelehnt wurde, da dort die Mir-Station als „erste“ Raumstation angesehen wird. Bis 1998 schlossen sich 13 weitere Länder dem Projekt an: 11 der ESA-Staaten (Großbritannien war Mitunterzeichner des Vertrages, stieg jedoch später aus), Japan und Kanada. Zudem unterzeichnete Brasilien im Oktober 1997 mit den USA einen separaten Vertrag über die Nutzung der Raumstation, die nun den Namen International Space Station (ISS) trägt. Im Jahr darauf begann mit dem Start des russischen Fracht- und Antriebmoduls Sarja (Sonnenaufgang) der Aufbau der Station.


AKTUELLE BESATZUNG

ISS-Expedition 24
Rettungsschiffe: Sojus TMA-18 und Sojus TMA-19

Aktuelle Besatzung

ISS-Expedition 24
Rettungsschiffe: Sojus TMA-18 und Sojus TMA-19

von links nach rechts:
USA Douglas Wheelock (seit 17. Juni 2010)
USA Tracy Caldwell-Dyson (seit 4. April 2010)
RUS Alexander Skworzow (seit 4. April 2010, Kommandant)
RUS Michail Kornijenko (seit 4. April 2010)
USA Shannon Walker (seit 17. Juni 2010)
RUS Fjodor Jurtschichin (seit 17. Juni 2010)


AUFBAUCHRONIK

Die ISS ist nach dem Vorbild der russischen Raumstation Mir modular aufgebaut. Einzelne Baugruppen werden von Trägerraketen und Raumfähren in die Umlaufbahn gebracht und dort zusammengesetzt. Dazu sind rund 40 Aufbauflüge nötig. Nach aktueller Planung sollen 36 davon vom US-amerikanischen Space Shuttle durchgeführt werden, der Rest von den unbemannten russischen Trägerraketen Proton und Sojus. 34 Shuttleflüge wurden bereits durchgeführt, 2 weitere sind bis zur Ausmusterung der Raumfähren Anfang 2011 geplant. Bis dahin soll die Station fertig aufgebaut sein und in den Routinebetrieb übergehen.

Bereits vorhandene und noch
zu startende Module,

Stand Mai 2010
Die ISS soll nach ihrer Fertigstellung mit den Solarmodulen 80 Meter Spannweite, 107 Meter Länge und über 400 Tonnen Masse haben. Derzeit beträgt die Masse der ISS 280 Tonnen bei einer Länge der Gitterstruktur von 67 Metern. Die endgültige Spannweite ist seit der Installation der ersten Solarzellen bereits erreicht. Damit ist sie die größte Raumstation, die bisher gebaut wurde.

UNBEMANNTER AUFBAU

Die ersten Bestandteile
der ISS kurz nach dem
 Baubeginn 1998:
das russische Kontrollmodul
Sarja (unten) und der
US-amerikanische
Verbindungsknoten Unity
(oben)
Das erste ISS-Bauteil im All war das von Russland gebaute Fracht- und Antriebmodul Sarja. Es wurde am 20. November 1998 von einer Proton-Schwerlastrakete in die vorgesehene Umlaufbahn gebracht. Zwei Wochen später wurde mit der Space-Shuttle-Mission STS-88 der erste Verbindungsknoten Unity (Node 1) in die Umlaufbahn gebracht und mit Sarja verbunden. Dieser Knoten verbindet den US-amerikanischen mit dem russischen Teil der Station. Als nächstes folgten mit STS-96 und STS-101 zwei logistische Shuttle-Flüge, die dem Transport von Ausrüstung zur Station dienten. Zudem wurden weitere Arbeiten am Äußeren des Komplexes ausgeführt.

Als nächstes Modul startete im Sommer 2000 das russische Wohnmodul Swesda. Es wurde ebenfalls von einer Proton-Rakete gestartet und dockte automatisch am Sarja-Modul an. Bei einem weiteren Logistikflug (STS-106) wurden Lebensmittel, Kleidung, Wasser und sonstige Alltagsgegenstände für die erste Stammbesatzung zur Station gebracht. Zudem wurde das für die Aufbereitung der Atemluft zuständige Elektron-System installiert. Im Oktober 2000 wurde mit der Mission STS-92 das erste Gittersegment, genannt Integrated Truss Structure Z1, zur Station gebracht. Es diente vorübergehend als Verbindungsstück zwischen einem Solarzellenträger und dem bewohnten Teil der ISS. Außerdem beherbergt es Apparaturen zur Lageregelung und am Zenit-Dockingport einen kleinen Stauraum. Danach konnte am 2. November 2000 die erste Langzeitbesatzung, ISS-Expedition 1, auf der Station einziehen. Sie startete mit Sojus TM-31 zur Station.

BEMANNTER AUFBAU

Bauzustand August 2005

Als nächstes Modul wurde mit der Shuttle-Mission STS-97 das erste von vier großen Solarmodulen zur Station gebracht. Der P6-Kollektor wurde im Dezember 2000 zunächst auf Z1 installiert und lieferte in der Anfangsphase nahezu die gesamte Energie zum Betrieb der Station. Es wurde erst im Oktober 2007 an das Backbordende der ISS umgesetzt. Mit der Mission STS-98 wurde das US-amerikanische Labormodul Destiny zur Station gebracht und an Unity angedockt. Nach einem weiteren Logistikflug wurde mit STS-100 der erste Roboterarm der Station, Canadarm2, sowie mit STS-104 die US-Luftschleuse Quest angeliefert. Dies versetzte die Raumfahrer in die Lage, ohne die Hilfe des Shuttles Weltraumausstiege durchzuführen und zum Aufbau der Station beizutragen.

Am 14. September 2001 startete das russische Kopplungsmodul Pirs, das sowohl zum Andocken von Sojus- und Progress-Raumschiffen als auch für Ausstiege in russischen Raumanzügen genutzt wurde. Für den Start dieses Moduls wurde zum ersten Mal eine Sojus-Rakete und eine modifizierte Progress verwendet. Bis zum Start von Poisk im Jahr 2009 blieb es lange Zeit das einzige Modul, das auf diese Weise gestartet wurde.
Darauf wurden drei weitere Elemente der Gitterstruktur der Station gestartet. Die Elemente S0, S1 und P1 bildeten das Gerüst, an dem später die weiteren Ausleger mit den zugehörigen Solarzellen befestigt wurden.

In den folgenden Missionen wurden das Gerüst und die Stromversorgung weiter ausgebaut. Zunächst wurden von STS-115 im September 2006 auf der Backbordseite ein Stück Gitterstruktur und ein großes Solarmodul (P3/P4) angebaut und drei Monate später um das Gitterelement P5 verlängert (STS-116). Im Juni 2007 folgten auf der Steuerbordseite mit der Mission STS-117 ein weiteres Gitterelement mitsamt einem Solarmodul (S3/S4) und zwei Monate später die Verlängerung S5 (STS-118).

Grafik der ISS nach ihrer geplanten Fertigstellung (Stand Juni 2006)

Im Oktober 2007 wurde mit STS-120 der Verbindungsknoten Harmony (Node 2) zur ISS gebracht. Außerdem versetzte die STS-120-Mannschaft das Solarmodul P6 an seinen endgültigen Platz am linken Ende des Gerüsts. Nachdem die Discovery die ISS verlassen hatte, wurde durch die 16. Langzeitbesatzung der Shuttle Andockadapter (PMA-2) von Destiny auf Harmony umgesetzt und die Baugruppe Harmony/PMA-2 auf der endgültigen Position an der Stirnseite von Destiny angedockt. Nach über sechs Jahren Pause war dies die erste Erweiterung des von den ISS-Besatzungen nutzbaren Lebensraumes auf der ISS. Das europäische Forschungsmodul Columbus wurde am 11. Februar 2008 an der ISS installiert.

Am 3. Juni 2008 wurde die Installation des japanischen Hauptmoduls von Kibō abgeschlossen. Durch STS-119 wurde im März 2009 das vierte und letzte Solarmodul S6 installiert. Im Mai 2009 wurde die Besatzung der ISS auf sechs Raumfahrer aufgestockt. Das letzte Bauteil des Kibō-Moduls wurde Mitte Juli durch STS-127 installiert. Im November 2009 erreichte das russische Kopplungsmodul Poisk die Station. Im Februar 2010 wurde der Verbindungsknoten Tranquility (Node 3) mit der Aussichtskuppel Cupola installiert. Im Mai 2010 folgte das russische Modul Rasswet. Das PMM Leonardo und das AMS-Experiment werden Ende 2010 und Anfang 2011 mit den letzten beiden Shuttleflügen installiert. Im Dezember 2011 soll die Station mit dem russischen Labormodul Nauka (MLM) fertiggestellt sein.


UMLAUFBAHN


Mittlere Bahnhöhe der ISS seit Start im Nov. 1998 (Stand Jan. 2009)

Die ISS befindet sich in einer annähernd kreisförmigen niedrigen Erdumlaufbahn mit einer Bahnneigung von 51,6° gegen den Äquator und umrundet die Erde etwa alle eineinhalb Stunden. Durch die vorhandene geringe Exzentrizität der Bahnellipse schwankt die Höhe während jedes Umlaufs zwischen Perigäum und Apogäum um bis zu 20 Kilometer. Die mittlere Bahnhöhe nimmt durch den Luftwiderstand der Station allmählich mit 50 bis 150 m pro Tag ab. Diesem Höhenverlust wird je nach Erfordernissen des Stationsbetriebs in unregelmäßigen Abständen durch Triebwerkszündungen von Shuttle, Sojus, Progress, ATV oder Swesda-Modul unter Aufwendung von etwa 7.000 Kilogramm Treibstoff pro Jahr entgegengewirkt, so dass die mittlere Höhe der Station zwischen etwa 330 und 400 Kilometern gehalten wird. Die mittlere Bahnhöhe, als Differenz von großer Halbachse der Bahnellipse und Erdradius, berechnet sich aus der mittleren Bewegung. Dieser Parameter gibt die Umläufe pro Tag an und ist in regelmäßig veröffentlichten TLE-Datensätzen der Satellitenbahnelemente enthalten (siehe Weblinks: Heavens-Above).

Die Lage der Bahn relativ zur Sonne bestimmt die Länge der Orbitalen Nacht. Übersteigt der Winkel (Beta) zwischen Bahnebene und Sonnenrichtung Werte von 60°, wird die Nachtphase zu kurz, so dass die Station zur ausreichenden Kühlung speziell ausgerichtet werden muss. Space-Shuttle-Besuche finden in dieser Zeit nicht statt, da angedockte Shuttles überhitzen würden. Diese Phase wird deshalb beta-angle cutout oder einfach beta cutout genannt.

MEHR ÜBER DIE ISS unter http://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Raumstation